
Achtsamkeit ist kein Esoterik-Trend, sondern ein gezieltes Training für Ihr Gehirn, das ohne Meditationskissen direkt im Arbeitschaos funktioniert.
- Mikro-Übungen von 60 Sekunden steigern nachweislich die Konzentration effektiver als erzwungene lange Pausen.
- Fokus ist eine trainierbare Fähigkeit, die durch bewusstes Monotasking gestärkt wird, während Multitasking sie zerstört.
- Das Ziel ist nicht, den Kopf leer zu bekommen, sondern Gedanken zu beobachten, ohne auf sie zu reagieren – eine Fähigkeit, die Resilienz schafft.
Empfehlung: Integrieren Sie eine einzige 60-Sekunden-Atemübung in Ihren Tag und messen Sie den Effekt auf Ihr Nachmittagstief selbst.
Der Bildschirm flimmert, das Telefon klingelt, eine E-Mail jagt die nächste und der Druck, ständig erreichbar und produktiv zu sein, lässt den Puls rasen. In diesem Zustand des permanenten Hochleistungsmodus erscheint der Ratschlag, doch einfach mal „20 Minuten zu meditieren“, wie Hohn. Für die meisten gestressten Angestellten ist das eine weitere, unerfüllbare Aufgabe auf einer bereits übervollen To-do-Liste. Die Vorstellung, im Büro die Augen zu schließen und „an nichts zu denken“, wirkt nicht nur unrealistisch, sondern grenzt für viele an esoterischen Unsinn, der mit der harten Realität des Geschäftslebens unvereinbar ist.
Doch was wäre, wenn der gängige Rat falsch ist? Was, wenn Achtsamkeit nichts mit Räucherstäbchen und stundenlangem Stillsitzen zu tun hat, sondern ein knallhartes, neurobiologisches Werkzeug zur Steigerung der eigenen kognitiven Leistungsfähigkeit ist? Dieser Artikel bricht mit dem Mythos der zeitaufwändigen Meditation. Er ist für die Skeptiker geschrieben, die nach pragmatischen, wissenschaftlich fundierten Methoden suchen, um ihren Fokus zu schärfen, ihre Stressresistenz zu erhöhen und bessere Entscheidungen zu treffen – und das alles in den Mikropausen, die der hektische Alltag ohnehin bietet.
Wir betrachten Achtsamkeit nicht als Wellness-Trend, sondern als ein mentales Fitnessstudio. Es geht darum, den „Aufmerksamkeitsmuskel“ gezielt zu trainieren, und zwar dort, wo der Stress entsteht: am Schreibtisch, im Meeting, im Stau. Sie werden unsichtbare Techniken lernen, die Sie in 60 Sekunden oder weniger anwenden können, um Ihr Gehirn neu zu kalibrieren, die Kontrolle zurückzugewinnen und Ihre Energie nicht zu vergeuden, sondern gezielt einzusetzen. Vergessen Sie alles, was Sie über Meditation zu wissen glaubten. Hier geht es um Effizienz, nicht um Erleuchtung.
Dieser Leitfaden zeigt Ihnen, wie Sie die ungenutzten Momente Ihres Tages in hochwirksame Trainingseinheiten für Ihr Gehirn verwandeln. Entdecken Sie die praktischen Übungen, die wirklich in einen vollen Terminkalender passen und sofortige Wirkung zeigen.
Inhaltsverzeichnis: Achtsamkeit für Skeptiker im Job
- Schlingen am Schreibtisch: Warum macht Multitasking beim Essen dick und müde?
- Fokus statt Kaffee: Wie 60 Sekunden bewusstes Atmen Ihren Nachmittag retten
- Handy weg: Warum Multitasking im Meeting Ihre Reputation als Führungskraft zerstört
- Muss mein Kopf leer sein? Warum Sie beim Meditieren scheitern und was das wahre Ziel ist
- Stau als Übung: Wie Sie im Verkehr ruhig bleiben, statt den Blutdruck hochzutreiben
- Wie wird das tägliche Pendeln zur wertvollsten Zeit Ihres Tages?
- Das Feierabend-Ritual: Wie schalten Sie den Kopf aus, sobald Sie den Laptop zuklappen?
- Wie gleichen Sie 8 Stunden Sitzen aus, ohne jeden Abend ins Fitnessstudio gehen zu müssen?
Schlingen am Schreibtisch: Warum macht Multitasking beim Essen dick und müde?
Das schnelle Mittagessen am Schreibtisch – ein Sandwich in der einen, die Maus in der anderen Hand – ist für viele zum Symbol für Effizienz geworden. In Wahrheit ist es ein Akt der Selbstsabotage. Wenn Sie essen und gleichzeitig E-Mails beantworten, zwingen Sie Ihr Gehirn in einen unlösbaren Konflikt. Die Verdauung erfordert die Aktivierung des parasympathischen Nervensystems („Ruhe und Verdauung“), während konzentriertes Arbeiten das sympathische Nervensystem („Kampf oder Flucht“) beansprucht. Das Ergebnis ist, dass beides nur halbherzig funktioniert. Der Körper schüttet Stresshormone wie Cortisol aus, was die Fetteinlagerung begünstigt.
Gleichzeitig registriert das Gehirn die Nahrungsaufnahme kaum. Das Sättigungsgefühl, ein komplexer neurochemischer Prozess, bleibt aus. Sie essen mehr, als Sie brauchen, und fühlen sich kurz darauf trotzdem unzufrieden und energielos. Dieses Phänomen ist weit verbreitet. Schätzungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zufolge essen zwischen 14,73 und 18,32 Millionen Menschen täglich in der Gemeinschaftsverpflegung wie Kantinen, wo oft unter Zeitdruck gegessen wird. Die Alternative am Arbeitsplatz ist selten besser.
Die Lösung ist nicht, länger Pause zu machen, sondern die 15 Minuten, die Sie haben, dem Essen zu widmen. Bewusstes Essen bedeutet, den Computer wegzuschieben und sich auf den Geschmack, die Textur und den Geruch der Mahlzeit zu konzentrieren. Das signalisiert dem Gehirn Sättigung, optimiert die Verdauung und verhindert das gefürchtete Nachmittagstief. Es ist die einfachste Form der Achtsamkeitspraxis mit dem größten körperlichen Nutzen.
Fokus statt Kaffee: Wie 60 Sekunden bewusstes Atmen Ihren Nachmittag retten
Es ist 15 Uhr. Die Konzentration lässt nach, die Augenlider werden schwer. Der instinktive Griff geht zur Kaffeetasse. Doch Koffein ist nur eine kurzfristige Leihgabe von Energie, die später mit Zinsen zurückgefordert wird. Eine nachhaltigere und effektivere Methode, um den mentalen Nebel zu lichten, ist eine 60-sekündige, gezielte Atemübung. Das ist kein esoterischer Hokuspokus, sondern reine Physiologie: Langsames, tiefes Atmen aktiviert den Vagusnerv, der wiederum das parasympathische Nervensystem stimuliert und den Körper aus dem Stressmodus holt. Dies senkt den Blutdruck, verlangsamt den Herzschlag und signalisiert dem Gehirn: „Alles sicher, du kannst dich wieder konzentrieren.“
Eine der effektivsten und unauffälligsten Techniken ist die „Box-Atmung“ oder „Kastenatmung“, die auch von Spezialeinheiten des Militärs zur Stressregulation in Hochdrucksituationen genutzt wird. Die Methode ist simpel und kann unbemerkt am Schreibtisch durchgeführt werden:
- Atmen Sie 4 Sekunden lang langsam durch die Nase ein.
- Halten Sie die Luft 4 Sekunden lang an.
- Atmen Sie 4 Sekunden lang langsam durch den Mund aus.
- Halten Sie den Atem für weitere 4 Sekunden an, bevor Sie den Zyklus wiederholen.
Diese Technik können Sie überall anwenden, ohne dass es jemand bemerkt. Sie ist Ihr persönlicher Reset-Knopf für das Gehirn.

Wie die Abbildung andeutet, liegt der Fokus allein auf dem Rhythmus. Führen Sie diesen Zyklus drei- bis fünfmal durch. Die gesamte Übung dauert kaum eine Minute, aber ihre Wirkung ist tiefgreifend. Sie durchbrechen die Stressspirale, versorgen Ihr Gehirn mit frischem Sauerstoff und schaffen eine mentale Klarheit, die kein doppelter Espresso erreichen kann. Es ist ein aktiver Eingriff in Ihre eigene Physiologie – ein echter Neuro-Hack für mehr Fokus.
Handy weg: Warum Multitasking im Meeting Ihre Reputation als Führungskraft zerstört
In einem Meeting zu sitzen und nebenbei auf dem Laptop oder Handy E-Mails zu beantworten, wird oft als Zeichen von Wichtigkeit und Effizienz missverstanden. Das Gegenteil ist der Fall. Aus neurobiologischer Sicht ist Multitasking ein Mythos. Das Gehirn kann nicht zwei kognitiv anspruchsvolle Aufgaben gleichzeitig erledigen. Stattdessen wechselt es extrem schnell zwischen den Aufgaben hin und her. Dieser ständige „Context Switch“ ist enorm energieaufwändig, führt zu einer Fehlerquote von bis zu 50 % und reduziert die geistige Leistungsfähigkeit erheblich.
Viel gravierender ist jedoch der Schaden für Ihre Reputation. Wer im Meeting auf ein Gerät schaut, sendet nonverbal eine klare Botschaft: „Was auch immer hier passiert, es ist nicht so wichtig wie meine E-Mails. Ihr seid nicht so wichtig.“ Dieses Verhalten untergräbt Autorität und Vertrauen. Es signalisiert mangelnden Respekt gegenüber Kollegen und dem Thema. Dieses Phänomen, physisch anwesend, aber mental abwesend zu sein, ist als Präsentismus bekannt. Es bestätigt eine Studie des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) in Zusammenarbeit mit der Techniker Krankenkasse, wonach 58,1 % der Beschäftigten mindestens manchmal Präsentismusverhalten zeigen – ein massives Problem für die Produktivität und Kultur in deutschen Unternehmen.
Wahre Führungskräfte demonstrieren ihre Kontrolle nicht durch geschäftiges Tippen, sondern durch präsente Aufmerksamkeit. Sie hören zu, stellen die richtigen Fragen und nehmen nonverbale Signale wahr – Informationen, die dem Multitasker völlig entgehen. Etablieren Sie einfache Meeting-Rituale, um den Fokus zu schärfen:
- Gerätefreie Startphase: Die ersten fünf Minuten jedes Meetings sind absolut gerätefrei.
- Der „Handy-Parkplatz“: Ein designierter Platz am Eingang des Raumes, wo Smartphones während des Meetings abgelegt werden.
- Aktives Zuhören: Fassen Sie nach jedem Redebeitrag die Kernaussage mental zusammen, bevor Sie selbst sprechen.
Muss mein Kopf leer sein? Warum Sie beim Meditieren scheitern und was das wahre Ziel ist
Nein. Dies ist der größte und frustrierendste Mythos über Meditation und Achtsamkeit, der die meisten Anfänger zum Aufgeben bringt. Das menschliche Gehirn ist eine „Gedanken-produzierende-Maschine“. Zu erwarten, dass es auf Befehl stillsteht, ist so, als würde man dem Herzen befehlen, nicht mehr zu schlagen. Der Versuch, Gedanken zu unterdrücken, führt paradoxerweise nur dazu, dass sie lauter und aufdringlicher werden.
Das wahre Ziel von Achtsamkeit ist nicht die Gedankenleere, sondern ein fundamentaler Perspektivwechsel. Es geht darum, vom Akteur im Gedankenstrom zum Beobachter am Ufer zu werden. Die Achtsamkeits-Lehrerin Kirsten Tofahrn fasst dieses Prinzip brillant zusammen:
Das Ziel ist nicht, den Bahnhof zu leeren (unmöglich), sondern auf dem Bahnsteig zu sitzen und die Züge zu beobachten, ohne in jeden einzusteigen.
– Kirsten Tofahrn, Zentrum für Achtsamkeit Köln
Jeder Gedanke ist wie ein Zug, der in den Bahnhof einfährt. Normalerweise springen wir unbewusst auf jeden Zug auf („Oh, die E-Mail an Müller, die muss ich noch schreiben!“, „Was koche ich heute Abend?“), und lassen uns von ihm an einen anderen Ort tragen. Achtsamkeitspraxis trainiert die Fähigkeit, auf dem Bahnsteig zu bleiben, den Zug (Gedanken) zu registrieren – „Ah, ein Gedanke über die E-Mail an Müller“ – und ihn dann weiterfahren zu lassen, ohne einzusteigen. Dies schafft eine winzige, aber entscheidende Lücke zwischen Reiz (Gedanke) und Reaktion (Handlung). In dieser Lücke liegt die kognitive Kontrolle und die Freiheit, bewusst zu entscheiden, worauf Sie Ihren Fokus lenken.
Dieser Ansatz des „Nicht-Urteilens“ ist Kern vieler moderner Achtsamkeits-Apps wie 7Mind. Es geht darum, das Gefühl des Scheiterns („Ich kann nicht an nichts denken!“) durch Selbstmitgefühl zu ersetzen. Jeder Moment, in dem Sie bemerken, dass Ihre Gedanken abschweifen, ist kein Versagen, sondern ein Erfolg. Es ist der Moment, in dem der „Aufmerksamkeitsmuskel“ trainiert wird.
Stau als Übung: Wie Sie im Verkehr ruhig bleiben, statt den Blutdruck hochzutreiben
Ein unerwarteter Stau auf der Autobahn oder zähfließender Verkehr in der Stadt: Für die meisten Menschen ist das der Inbegriff von Stress und verschwendeter Zeit. Der Puls steigt, die Hände umklammern das Lenkrad, und der innere Monolog ist gefüllt mit Frustration. Aus der Perspektive der Achtsamkeit ist diese Situation jedoch keine Katastrophe, sondern ein unerwartetes, kostenloses Trainingslager für Ihre Resilienz. Es ist eine „erzwungene Pause“, die Sie entweder mit Ärger füllen oder als Übung nutzen können.
Anstatt sich dem Stress hinzugeben, können Sie diese Zeit für einen „Auto-Scan“ nutzen – eine Miniaturversion des Bodyscans, einer klassischen Achtsamkeitsübung. Diese Technik holt Sie aus dem Kopfkino des Ärgers zurück in die physische Realität des Moments. Anstatt gegen die Situation anzukämpfen, nehmen Sie sie bewusst wahr. Das Ziel ist nicht, den Stau zu mögen, sondern die eigene Reaktion darauf zu kontrollieren.
Die Übung ist einfach und für andere unsichtbar. Anstatt auf die Hupe zu schlagen oder innerlich zu kochen, lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit gezielt auf körperliche Empfindungen.

Die Technik, die Sie anwenden, ist eine Form der bewussten Selbstregulation. Sie unterbrechen den Autopiloten der Stressreaktion und ersetzen ihn durch eine bewusste Wahrnehmung. Dies trainiert Ihre Fähigkeit, auch in unkontrollierbaren Situationen gelassen zu bleiben – eine Schlüsselkompetenz für jede Führungskraft.
Ihr Aktionsplan: Den Stau zum Trainingslager machen
- Punkte de contact: Spüren Sie bewusst den Kontakt Ihrer Hände mit dem Lenkrad, den Druck Ihres Rückens gegen den Sitz und die Position Ihrer Füße auf oder neben den Pedalen. Registrieren Sie die Empfindungen ohne Bewertung.
- Collecte: Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit nach außen. Welche Geräusche hören Sie? Das Brummen des eigenen Motors, die Musik aus einem anderen Auto? Nehmen Sie drei visuelle Details wahr, ohne sie zu bewerten.
- Cohérence: Konfrontieren Sie Ihre automatische Reaktion (Stress, Ärger) mit der Realität der Situation (Sie sitzen in einem Auto und können nichts ändern). Erkennen Sie den Widerspruch zwischen Ihrem inneren Widerstand und der äußeren Unveränderbarkeit.
- Mémorabilité/émotion: Deuten Sie den Stau bewusst um. Sagen Sie sich innerlich: „Dies ist eine erzwungene Pause. Ich nutze sie für eine kurze mentale Regeneration.“ Diese Umdeutung verändert die emotionale Reaktion.
- Plan d’intégration: Nehmen Sie drei tiefe, langsame Atemzüge. Nutzen Sie das Ausatmen, um die Anspannung in Schultern und Kiefer bewusst loszulassen. Dies verankert die neue, ruhigere Reaktion.
Wie wird das tägliche Pendeln zur wertvollsten Zeit Ihres Tages?
Für Millionen von Berufstätigen in Deutschland ist das tägliche Pendeln eine Quelle von Stress und verlorener Lebenszeit. Dichtes Gedränge in der S-Bahn, Verspätungen und die Monotonie der Fahrt belasten das Nervensystem. Doch genau wie der Stau kann auch diese Zeit vom notwendigen Übel zur wertvollen Ressource für mentales Training umgewandelt werden. Der Schlüssel liegt darin, den Autopiloten abzuschalten und bewusste „Sinnes-Anker“ zu setzen.
Anstatt auf das Smartphone zu starren oder sich über die Verspätung zu ärgern, nutzen Sie die Umgebung als Ihr Fitnessstudio. Das Zentrum für Achtsamkeit Köln bietet beispielsweise kurze „Moment-mal-Meditationen“ an, die speziell für solche Situationen entwickelt wurden. Eine davon ist der „Sinnes-Check“ an der Haltestelle: Nehmen Sie sich 30 Sekunden Zeit und registrieren Sie bewusst drei Dinge, die Sie sehen, drei Geräusche, die Sie hören, und drei körperliche Empfindungen (z.B. der Wind auf der Haut, der Boden unter den Füßen). Diese einfache Übung reißt Sie aus dem Gedankenkarussell und verankert Sie im Hier und Jetzt.
Auch die Fahrt selbst bietet unzählige Möglichkeiten. In einer vollen S-Bahn können Sie einen „auditiven Anker“ nutzen: Konzentrieren Sie sich ausschließlich auf ein wiederkehrendes Geräusch, wie das Schließen der Türen oder die Haltestellenansage. Lassen Sie alle anderen Geräusche und Gedanken vorbeiziehen. Beim Gehen zum Bahnhof können Sie den Autopiloten durchbrechen, indem Sie bewusst nach drei Dingen einer bestimmten Farbe suchen oder Ihre Aufmerksamkeit vollständig auf das Gefühl Ihrer Füße auf dem Boden richten. Jede dieser Mikro-Übungen ist ein Training für Ihren Aufmerksamkeitsmuskel und macht Sie widerstandsfähiger gegen den Stress des Tages.
Das Feierabend-Ritual: Wie schalten Sie den Kopf aus, sobald Sie den Laptop zuklappen?
Gerade im Homeoffice verschwimmt die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben. Der Laptop bleibt aufgeklappt, das Diensthandy liegt griffbereit, und die Gedanken kreisen auch beim Abendessen noch um Projekte und Deadlines. Der Feierabend ist dann kein echter Zustand der Erholung, sondern nur eine Unterbrechung der Arbeit. Um wirklich abschalten zu können, braucht das Gehirn ein klares Signal – ein Ritual, das den Übergang vom Arbeits- in den Erholungsmodus markiert.
Ohne einen physischen Heimweg, der diese Trennung früher automatisch vollzog, müssen wir diesen Übergang bewusst selbst gestalten. Ein „Brücken-Ritual“ ist eine kurze, festgelegte Abfolge von Handlungen, die dem Gehirn signalisiert: „Die Arbeit ist jetzt beendet.“ Es geht nicht um den Inhalt der Handlungen, sondern um deren konsequente Wiederholung. Diese Vorhersehbarkeit schafft psychologische Sicherheit und erlaubt dem Nervensystem, vom Anspannungs- in den Entspannungsmodus zu wechseln.
Ein solches Ritual muss nicht länger als fünf Minuten dauern, aber es muss konsequent durchgeführt werden. Hier sind die Schritte eines bewährten Brücken-Rituals für Homeoffice-Arbeiter:
- Der bewusste Abschluss: Schließen Sie Ihren Laptop nicht hastig, sondern langsam und mit voller Aufmerksamkeit. Dieser Akt symbolisiert das Ende des Arbeitstages.
- Drei Anker-Atemzüge: Nehmen Sie noch am Arbeitsplatz sitzend drei tiefe, bewusste Atemzüge. Mit jedem Ausatmen lassen Sie die Anspannung des Tages symbolisch los.
- Der physische Wechsel: Stehen Sie auf und wechseln Sie die Kleidung. Selbst der Tausch eines Business-Hemds gegen ein T-Shirt ist ein starkes Signal für einen Moduswechsel.
- Die symbolische Handlung: Trinken Sie ein Glas Wasser. Diese einfache Handlung kann als bewusster Übergang dienen, der den Körper reinigt und den Geist klärt.
- Die mentale Umschaltung: Führen Sie einen kurzen, 5-minütigen Bodyscan durch, bei dem Sie Ihre Aufmerksamkeit nacheinander durch den Körper wandern lassen, um sich von den Gedanken zu lösen und im Körper anzukommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Achtsamkeit ist Gehirntraining, keine Esoterik, und dient der Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit.
- Effektive Mikro-Übungen von nur 60 Sekunden sind im stressigen Alltag wirksamer als gescheiterte lange Meditationen.
- Das Ziel ist nicht Gedankenstille, sondern die bewusste Beobachtung und kognitive Kontrolle über die eigenen mentalen Prozesse.
Wie gleichen Sie 8 Stunden Sitzen aus, ohne jeden Abend ins Fitnessstudio gehen zu müssen?
Der moderne Büroalltag ist ein sitzender Alltag. Dieses stundenlange Verharren vor dem Bildschirm hat gravierende gesundheitliche Folgen, die sich nicht durch eine Stunde Sport am Abend vollständig kompensieren lassen. Die gute Nachricht ist, dass auch hier das Prinzip der Achtsamkeit und der Mikro-Interventionen eine Lösung bietet. Anstatt auf den einen großen Ausgleich am Abend zu hoffen, geht es darum, den gesamten Tag mit kleinen, bewussten Bewegungseinheiten zu spicken – den sogenannten „Bewegungssnacks“.
Das Problem ist real und weit verbreitet: Laut Erhebungen des IFBG sitzen über 80 % der deutschen Beschäftigten mehr als vier Stunden täglich. Diese Inaktivität verlangsamt den Stoffwechsel und erhöht das Risiko für zahlreiche Zivilisationskrankheiten. Bewegungssnacks unterbrechen diesen schädlichen Zustand, indem sie den Kreislauf in Schwung bringen und die Muskeln aktivieren. Das Konzept wurde bereits erfolgreich in vielen Unternehmen implementiert und wird sogar von Krankenkassen wie der TK oder der Barmer in ihren Bonusprogrammen gefördert.
Es geht nicht um schweißtreibende Workouts, sondern um achtsame, kurze Bewegungen, die sich nahtlos in den Alltag integrieren lassen. Jeder Gang zur Kaffeemaschine oder zum Drucker wird zur Chance für einen solchen Snack:
- Warten auf den Kaffee: Stellen Sie sich bewusst auf die Zehenspitzen und halten Sie die Position für einige Sekunden.
- Treppensteigen statt Aufzug: Nehmen Sie jede Stufe bewusst wahr und spüren Sie die Aktivierung Ihrer Beinmuskulatur.
- Telefonkonferenzen: Führen Sie Telefonate (ohne Video) im Stehen oder gehen Sie dabei langsam im Raum auf und ab.
Diese kleinen, aber regelmäßigen Bewegungsimpulse sind für den Körper effektiver als langes Sitzen gefolgt von einer intensiven Sporteinheit. Sie halten den Stoffwechsel aktiv und fördern die Durchblutung des Gehirns, was wiederum die Konzentration verbessert. Es ist die physische Entsprechung der mentalen Mikro-Übungen.
Beginnen Sie noch heute damit, eine dieser Mikro-Interventionen – sei es eine Atemübung oder ein Bewegungssnack – in Ihren Alltag zu integrieren und beobachten Sie den Unterschied. Es geht nicht um Perfektion, sondern um den ersten, bewussten Schritt zur Rückgewinnung Ihrer mentalen und körperlichen Ressourcen.
Häufig gestellte Fragen zu Achtsamkeit im Alltag
Kann ich in einer vollen S-Bahn meditieren?
Ja, nutzen Sie den ‚Auditiven Anker‘ – konzentrieren Sie sich nur auf das Geräusch der schließenden Türen oder die Haltestellenansagen.
Was mache ich bei Verspätungen?
Nutzen Sie die Wartezeit für eine Übung zur Akzeptanz des Unkontrollierbaren – atmen Sie bewusst und nehmen Sie die Situation ohne Bewertung an.
Wie übe ich Achtsamkeit beim Gehen zur Haltestelle?
Suchen Sie bewusst drei Dinge einer bestimmten Farbe oder achten Sie auf jeden einzelnen Schritt – das schaltet den Autopiloten ab.